Workshop Einsatzführung

Eigentlich könnte man meinen, da sitzt eine lustige Runde beim neuesten Brettspiel zusammen. Es wird gewürfelt, mit Spielfiguren gezogen und hin und wieder aus einem Stapel eine Ereigniskarte genommen. Und vor allem wird diskutiert und die Stimmung schwankt von Freude bis Frust. Manch einer fühlt sich mit seiner Spielfigur in einer Endlosschleife, es geht nichts voran und das Ziel scheint kaum erreichbar.

Die Retter auf dem Spielfeld

Das Ziel? Das Ziel ist ein Spielfeld, auf dem eine Spielfigur einen verunfallten Höhlenbegeher darstellt, der nur durch hinderliche Engstellen, Schächte oder wassergefüllte Siphons erreicht werden kann. Also weiter würfeln! Und dann, als es endlich wieder vorangeht, wird auch noch ein Retter durch Steinschlag verletzt. Zum Glück nicht allzu schwer, aber das heißt: wieder raus, auf dem Spielbrett bedeutet dies natürlich wieder alles auf Anfang. Und natürlich nicht alleine, sondern mit einem Begleiter.

Was bringt der nächste Zug? Was die nächste Ereigniskarte?

Ist das Ziel, das Erreichen des Patienten, seine Versorgung und Bergung, überhaupt zu schaffen? Aber dann kommt doch noch die erlösende Meldung, dass das medizinische Team den Patienten inzwischen versorgt hat und für den Transport vorbereitet.

Eine lustige Spielerunde? Weit gefehlt: vom Spielzimmer führt ein Draht nach draußen und das Spielbrett stellt verwinkelte Höhlengänge mit Eng- und Gefahrenstellen sowie Schächten dar. In kurzen Abständen werden Telefongespräche zur aktuellen Lage „aus der Höhle“ geführt oder Funksprüche vom Höhleneingang abgesetzt.

Vollbeschäftigte Einsatzleitung

Zwölf aktive oder angehende Einsatzleiterinnen und Einsatzleiter der deutschen Höhlenrettungen aus Bayern, Sachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen übten die Führung eines Höhlenrettungseinsatzes mit einem Planspiel in der fränkischen Schweiz. Das Ausbildungswochenende wurde vom Höhlenrettungsverbund Deutschland (HRVD) organisiert und durchgeführt. Der HRVD ist eine Arbeitsgruppe des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher.

Organisationsübergreifende Zusammenarbeit

Ortswechsel nach draußen: diese Informationsflut aus Statusmeldungen, guten und schlechten Nachrichten sowie Material- und Personalanforderungen schlägt im Minutentakt im Einsatzleitfahrzeug auf, das die Malteser Höhlenrettung aus Baden-Württemberg mitgebracht hat. Dort versucht der Einsatzleiter mit einem oder zwei Assistenten, die Informationen einzuordnen und daraus die richtigen Schlüsse für eine erfolgreiche Einsatzführung zu ziehen. Retter und Abschnittsleiter müssen eingeteilt werden und immer wieder muss neu überlegt werden, wie das notwendige medizinische und technische Material an den richtigen Ort kommt. „Wichtig ist uns beim Üben, dass die Einsatzleitung erst mal klein ist. Denn das ist beim Beginn eines Einsatzes durchaus realistisch. Und natürlich spielen wir auch einen Schichtwechsel durch, denn das erschwert die Sache zusätzlich“, erklärt Uwe Drewianka. Zusammen mit Nils Bräunig macht er die Planspielleitung und beide beobachten die Übenden genau.

Auswertung eines Durchgangs

Zwischen den Rettungsszenarien fanden Übungsbesprechungen statt, in denen die beiden punktgenau die Stärken und Schwächen der Teams aufzeigten. „Die besondere Herausforderung für euch als Einsatzleiter in der Höhlenrettung ist“, so Bräunig zu den Übungsteilnehmern, „dass ein Großteil der Informationen nicht brandaktuell ist, sondern oft mit erheblicher Zeitverzögerung ankommt. Und trotzdem muss in der Einsatzleitung immer aktuell und zielführend geplant und entschieden werden.“

Lagekartenführung

Bevor die Höhlenretter mit dem Planspiel ihr Training begannen, stellten die einzelnen Einsatzleiterinnen und Einsatzleiter ihre doch sehr unterschiedlichen Alarmierungsstrukturen und die Führungsmöglichkeiten vor. Ebenso wurde unter diesem Aspekt ein Blick auf aktuelle Einsätze geworfen, die 2019 in Thüringen und Baden-Württemberg zu bewältigen waren.

Abschließend waren sich alle einig, dass diese Form der Übung die Komplexität einer Rettung und insbesondere die Aufgaben in der Einsatzführung sehr gut darstellen und intensives Üben ermöglichen.

Volle Anspannung in der Einsatzleitung

Familien wegen Hochwasser im Lamprechtsofen eingeschlossen

Am Freitag 05.08.2016 wurde die Höhlenrettungsgruppe der Bergwacht im Chiemgau per SMS durch den Salzburger Höhlenrettungsdienst über den Notfall in der beliebten Schauhöhle „Lamprechtsofen“ informiert. Die Höhle befindet sich im Pinzgauer Ferienort Weißbach bei Lofer in Österreich. Nach der Abklärung durch den Einsatzleiter der bayerischen Höhlenretter wurden die Einsatzkräfte um 15.52 Uhr durch die ILS Traunstein alarmiert.
Die Ausgangslage stellte sich als sehr ernst dar und schnelles Eingreifen war zwingend erforderlich. Familien aus Deutschland und den Niederlanden, mindestens 7 Personen, darunter zwei kleine Kinder sind vom Wasser eingeschlossen und es besteht möglicherweise Lebensgefahr. Zudem besteht derzeit keine
Verbindung zu den Eingeschlossenen, woraus geschlossen wurde, dass diese im vorderen Teil der Schauhöhle sein müssen. Dies ist auch der Teil der Höhle, der regelmäßig überschwemmt und damit verschlossen wird. Die Besucher werden zwar von einem Warnsystem rechtzeitig informiert, aber es gibt wohl Wetterlagen, die ein extrem schnelles Ansteigen des Pegels zur Folge haben und eine Warnung nicht mehr schnell genug möglich ist.
Vor Ort wird klar, dass die Lage wirklich Ernst ist, da ein ca. 8-jähriger Junge aus der Höhle gespült wurde und dies unverletzt überlebt hat. Es musste davon ausgegangen werden, dass die Personen in der Höhle zumindest von Unterkühlung bedroht sind und möglicherweise bei den Familienmitgliedern in der Höhle Panik bezüglich der Situation mit dem weggerissenen Jungen bestand.
Die Chiemgauer Höhlenrettungsgruppe rückte mit vier Fahrzeugen und dem Höhlenrettungsanhänger sowie insgesamt zehn Mann aus den Bergwachbereitschaften Freilassing (5), Bergen (1), Berchtesgaden (2) und Marquartstein (2) an. Weitere Höhlenretter in Rosenheim, Salzburg und Oberösterreich wurden über den laufenden Einsatz informiert.
Nach zum Teil mehr als 45 km Anreiseweg steigt um 17.15 Uhr die erste Einsatzgruppe mit 5 Mann und entsprechender technischer Ausrüstung, medizinischem Material und Wärmeversorgung ein. Ein zweites fünfköpfiges Team folgt 15 Minuten später. In der Folge werden die Patienten auf der Gangstrecke zwischen 100 bis 300m in zwei Gruppen nacheinander gefunden. Mehrfach wird mit den Angehörigen außerhalb abgeklärt, wer noch fehlt. Letztendlich können alle Personen zugeordnet werden und es fehlt offensichtlich niemand mehr. Um 18.10 Uhr geht nochmals ein Suchtrupp los, um alles bis in die hintersten Teile der Schauhöhle zur Sicherheit nochmals abzusuchen. Die Retter bauten in der Höhle ein Wärmezelt aus Rettungsdecken auf, packten die Personen in Wärmedecken und Westen und bekleideten einige mit Neoprenanzügen für den Ausstieg aus der Höhle. Warme Getränke und Verpflegung wurde ebenfalls angeboten
Ab 18.20 Uhr wurden die Patienten – zuerst die beiden kleinen Kinder – einzeln durch das Wasser aus der Höhle geborgen. Die Entscheidung, nicht auf einen kompletten Rückgang des Wassers zu warten, wurde von der österreichisch-bayerischen Einsatzleitung getroffen, nachdem klar war, dass die Patienten alle nass und zum Teil schon richtig im Wasser gestanden waren. Zudem fiel der Wasserpegel nicht weiter, sondern stieg vielmehr erneut wieder an.
Schwierig waren die Treppenpassagen wegen des Wasserdrucks. Hier mussten Sicherungen gebaut und die Patienten wurden mit einem Seil abgelassen werden. Vor der Höhle wurden die Familien vom Roten Kreuz versorgt und umfassend betreut. Um 19.15 Uhr waren alle Patienten aus der Höhle geborgen. Die letzten Retter waren um 19.29 Uhr nach Abbau der Sicherung und Rücktransports des Materials über Tage.

Adventhöhle im Müllnerhörndl

Die Chiemgauer Höhlenretter wünschen euch ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr… und, wie schon Karl Valentin sagte: „Nach der staadn Zeit werd´s wieda ruhiger.“

Passend dazu ein Filmchen aus der Adventhöhle von unserem Fotografen Markus Leitner, der uns immer wieder mal begleitet und dann auch tolle Bilder liefert. Eine Weihnachtshöhle suchen wir noch?!

Workshop gibt Einblicke in die großen Einsätze der letzten beiden Jahre

Zwölf Vertreter aus drei Bundesländern – Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern – trafen sich zum Workshop des Höhlenrettungsverbund Deutschland (HRVD) vom 9. bis 11. Oktober 2015 in Gelbsreuth in der Fränkischen Schweiz. Das Treffen stand ganz im Zeichen der Nachbetrachtung und Auswertung der gemeinsamen großen Einsatzübungen und der zum Teil sehr aufwändigen Einsätze der vergangenen beiden Jahre.

Freitagabend und Samstagvormittag standen Vorträge der Höhlenretter aus Südbayern über den Rettungseinsatz im Riesending im Mittelpunkt. Die jeweils folgende Diskussion zeigte auf, dass trotz der medialen Informationsvielfalt einige Details unbekannt waren oder auch falsche Informationen vorlagen.

Am Samstag hatten die Vertreter der Höhlenrettungsgruppen dann Gelegenheit, verschiedene Fragestellungen zu erörtern und die Erfahrungen aus Übungen und Einsätzen der eigenen Gruppe darzustellen. Der Rückblick sollte dabei die letzten zehn Jahre umfassen, in denen im zweijährigen Turnus ab 2005 auch fünf umfangreiche nationale Rettungsübungen durchgeführt wurden: in einer Höhle bei Steinamwasser in Nordbayern, in der Falkensteiner Höhle bei Bad Urach in Baden-Württemberg, in der Schwarzen Crux bei Suhl in Thüringen, in der Schwinde C bei Breitscheid in Hessen und zuletzt in der Großen Spielberghöhle am Samerberg in Südbayern.

Gerade anhand der Rückmeldungen aus den Einsätzen zeigte sich, dass sowohl die Ausbildung – technisch und medizinisch – als auch die Ausrüstung stetig weiterentwickelt werden muss. Von den Einsätzen in der Falkensteiner Höhle berichteten die Malteser Höhlenrettung und die Höhlenrettung Baden-Württemberg, vom Rettungseinsatz in der Jack-Daniels-Höhle die südbayerische Höhlenrettung.

Die nationalen Übungen wurden in der Intensität deutlich gesteigert bis hin zum mehrtägigen Rettungsablauf mit komplexen Aufgabenstellungen insbesondere für die Einsatzleitung. Bei Übungen lassen sich Mängel beheben oder notfalls auch ausblenden, bei Einsätzen geht das nicht.

So braucht zum Beispiel die Rettungstrage der bayerischen Höhlenretter dringende Verbesserungen wie durchgehend Trageschlaufen rund um die gesamte Trage, eine verbesserte Aufhängung und robustes Material mit entsprechender guter Verarbeitung. Wichtiges Thema war auch immer wieder die Kommunikation innerhalb der Höhle, die mit Telefonleitungen oder Langwellenfunk betrieben wird. Insbesondere das System Cavelink wurde beschafft und die notwendige Ausbildung damit intensiviert.

Besonders markant haben sich für die bayerischen Höhlenretter die Rahmenbedingungen für die ehrenamtliche Arbeit verändert. Seit 2009 ist die Berg- und Höhlenrettung Aufgabe der Bergwacht Bayern, was zwar den finanziellen und einsatztaktischen Rahmen enorm verbessert, aber die Zusammenarbeit mit den Höhlenforschervereinen für Übungen und Einsätze erschwert. Hier wird man aktiv an einer zukunftsfähigen Lösung arbeiten müssen.

Die Untertagerettung der Bergwacht Harz berichtet, dass durch den diesjährigen Einsatz am Kyffhäuser die Akzeptanz gestiegen ist und man auch auf eine gesicherte Finanzierung im Rahmen des Rettungsdienstgesetzes hofft.

Für die Höhlenrettung ein wichtiges Thema ist der Nachwuchs bei den Einsatzkräften. Mit dem Ausbildungsstand und den Aktivitäten in den heimischen Gruppen waren alle Vertreter zufrieden. Allerdings konnten nicht alle über die Mitgliederzahl mit Zufriedenheit berichten: von stabil hohen Mitgliederzahlen, stetigem Wachstum bis zu sehr kleinen Gruppen zeigt sich ein gemischtes Bild, manche sehr kleine Gruppe wäre schon bei kleinen Einsätzen auf Unterstützung aus dem HRVD angewiesen. Insbesondere der sehr kleine Pool an höhlengängigen Ärzten muss dringend erweitert werden.

Der Sonntag wurde dann zur Ergebnissicherung genutzt und in den verschiedenen Bereichen wurden Arbeitsaufträge erteilt.